Schattenriss by Klewe Sabine

Schattenriss by Klewe Sabine

Autor:Klewe, Sabine [Klewe, Sabine]
Format: epub
Tags: Krimi
ISBN: 9783899776171
Herausgeber: Gmeiner
veröffentlicht: 2004-08-30T22:00:00+00:00


6

Katrin fuhr über die Fleher Brücke und nahm die Ausfahrt Uedesheim. Sie hatte sich den Weg zu Hause auf dem Stadtplan herausgesucht. Trotzdem musste sie zwei Mal am Straßenrand anhalten und nachsehen. Rheinfährstraße, Macherscheider Straße und dann rechts ab. Sie suchte nach der Hausnummer. Horst Breuer wohnte in einem schlichten, grauen Häuschen mit säuberlich gepflegtem Vorgarten. Katrin parkte direkt vor der Tür. An einer Bewegung der Gardine erkannte sie, dass ihr alter Mathematiklehrer am Fenster gewartet hatte. Sie griff die Blumen vom Beifahrersitz, einen dicken Strauß roter Tulpen, und stieg aus. Horst Breuer empfing sie an der Tür.

„Wie schön, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Katrin.“ Er ging voran in ein kleines Wohnzimmer, dessen Fenster den Blick in einen Garten freigaben. Die Beete und Blumenrabatten wirkten liebevoll angelegt aber recht verwildert. In der hinteren Ecke blühte ein Flieder in tiefdunklem Violett. Er überragte einen baufälligen Geräteschuppen, dessen hellgrüne Farbe sich in großen Lappen vom Holz schälte.

„Früher war das mal der schönste Garten in Neuss. Aber Horst wird nicht Herr darüber. Er hat ja auch soviel mit der Schule am Hals. Und ich sage immer, solange der Vorgarten ordentlich gepflegt ist, ist alles in Ordnung. Wie es hinter dem Haus aussieht, geht keinen was an.“

Die Stimme kam aus der hinteren Ecke des Zimmers. Katrin drehte sich um und erblickte eine Frau im Rollstuhl. Horst Breuer lächelte sie an. „Meine Frau Christa.“

Sie wirkte recht klein und zierlich und schien einige Jahre jünger als ihr Mann zu sein, vielleicht Mitte vierzig.

Sie setzten sich an den Wohnzimmertisch, der einladend gedeckt war. Der Lehrer hatte Erdbeerkuchen besorgt und war eifrig bemüht, seine ehemalige Schülerin gut zu unterhalten. Er erzählte einige Anekdoten aus dem Schulalltag. Katrin hörte amüsiert zu. Gelegentlich fragte sie nach anderen Lehrern und stellte zu ihrem Erstaunen fest, dass die meisten Kollegen noch am Schiller-Gymnasium arbeiteten. Da ihr eigenes Leben sich so sehr verändert hatte, war sie davon ausgegangen, dass die Welt um sie herum sich ebenfalls weiterentwickelt hatte. Aber an ihrer alten Schule schien die Zeit stehen geblieben zu sein.

„Ich soll Sie ganz herzlich von Roberta grüßen. Erinnern Sie sich an meine Freundin Roberta?“

Horst Breuer lächelte. „Natürlich. Sie hatte es nicht leicht mit der Mathematik, im Gegensatz zu Ihnen. Was ist denn aus ihr geworden?“

„Eigentlich wollte sie ja auch Lehrerin werden. Englisch und Deutsch. Aber sie hat ihr Studium abgebrochen. Jetzt ist sie Mutter von drei kleinen Kindern und fühlt sich glaub ich sehr wohl damit.“

Breuer sah sie an. „Das wäre wohl nichts für Sie, Katrin.“

„Vermutlich nicht. Ich habe nicht die nötige Geduld. Ich bin nach einem Abend Babysitten schon völlig erschöpft.“

„Da wächst man hinein.“ Christa Breuer sprach zum ersten Mal, seit sie sich an den Tisch gesetzt hatten. „Wir haben selbst zwei Söhne. Im Anfang habe ich auch oft gedacht, dass mir alles über den Kopf wächst, aber mit der Zeit bin ich immer besser klar gekommen.“ Sie machte eine kurze Pause. „Ist wie mit diesem Ding hier.“ Sie sah auf ihren Rollstuhl hinunter. „In den ersten Monaten hatte ich jedes Mal Panik, wenn ich das Haus verlassen musste.



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